Das Leben jenseits der Überholspur: Entschleunigen mit einem Radrennprofi in Portugal
Ash Beyer
Reiseschriftsteller
Wenn man sich einen professionellen Radrennfahrer vorstellt, denkt man wahrscheinlich an jemanden, der den Geschwindigkeitsrausch sucht, sich vom Adrenalin antreiben lässt und bis an seine Grenzen geht. Dieses Bild trifft auf Paul Martin weitgehend zu, aber auch jemand, der sein Leben ständig auf der Überholspur lebt, muss ab und zu einen Gang runter schalten. Im Oktober dieses Jahres tauschte Paul sein Cervelo S5 gegen einen Campingbus von Siesta Campers ein und besuchte die traumhaft schöne Westküste Portugals.
Wir haben uns mit Paul über sein Leben auf zwei Rädern, sein Vanlife-Abenteuer und darüber unterhalten, wie es ist, wenn man es - zumindest für eine Weile - einfach mal ruhig angehen lässt.
Entschleunigung: Die unbekanntere Route
F: Erzähl uns ein wenig über dich - woher kommst du, was hat dich nach Portugal gebracht und warum hast du dich entschieden, einen Camper von Siesta Campers zu mieten?
A: Mein Name ist Paul Martin, ich bin 22 Jahre alt und komme aus Lyon, in Frankreich. Die meiste Zeit des Jahres bin ich entweder im Training oder im Wettkampf, so dass der Oktober (das Ende der Radrennsaison) meine einzige wirkliche Pause ist. In diesen drei Wochen kann ich das Training vergessen, ausspannen und einfach das Leben genießen. Ich wollte dem Stadtleben entkommen und deshalb habe ich einen Camper von Siesta gemietet, um ein paar stille Gegenden in Portugal zu erkunden und einen geruhsamen Urlaub zu verbringen.
Pauls Definition von „ruhig“ entspricht allerdings nicht unbedingt der eines Durchschnittsmenschen. Auf Instagram sieht man ihn bei seinen energetischen Aktivitäten: Skifahren, Skaten, Motorradfahren und natürlich Radfahren. Wenn er mal einen seltenen Moment der Muße auf seinem Rad findet, zieht es ihn in die Berge, die seiner Meinung nach überwältigende Aussichten und einen friedlichen Rückzugsort bieten. Im Sommer radelt er am liebsten in der Schweiz und im Winter in Spanien, weil dort ein ideales Klima herrscht, die Landschaft spektakulär schön ist und die Straßen in einem guten Zustand sind.
Von Bergabfahrten zum Schottern: Ein Leben in Bewegung
F: Warst du schon immer so aktiv, und wie passt das Radfahren in diesen Mix?
A: Ich habe mich schon immer sehr für Sport interessiert - vor allem für Extremsportarten wie Downhill-MTB oder Skifahren. Aber jetzt, wo ich professionell Radrennen fahre, habe ich kaum noch Zeit für etwas anderes! Da ich keine Verletzungen riskieren kann, ist Erholung das A und O.
F: Straßen-, MTB- oder Schotterradfahren - hast du eine Vorliebe?
A: Ich fahre hauptsächlich Straßenrennen, aber nächstes Jahr werde ich auch Schotterrennen und ein bisschen MTB fahren. Ich vermisse das Radfahren im Gelände - es ist fantastisch. Wann immer ich kann, kombiniere ich alle drei in meinem Training.
Pauls Geschwindigkeitsliebe begann ursprünglich in den Bergen, aber dann fand er seine Berufung auf zwei Rädern, dank eines Freundes, der ihm vor etwa fünf Jahren ein Rennrad lieh. Seitdem konzentriert er sich voll und ganz auf den Radsport und fährt nur noch selten rein zum Vergnügen. Seine Profi-Radrennkarriere hat ihn vor unvergessliche Herausforderungen gestellt, darunter das kräftezehrende Paris-Tours Rennen, das er als das härteste bezeichnet, das er je gefahren ist. Die 185 Kilometer lange Strecke mit Schotterabschnitten und starkem Regen, der die Strecke in ein Schlammrennen verwandelt hat, stellte sowohl seine körperliche Ausdauer als auch seine mentale Stärke auf die Probe.
Überholspur trifft auf Kriechstraße
F: Hast du jemals das Bedürfnis, es langsamer angehen zu lassen?
A: Ehrlich gesagt, nicht wirklich - ich bin ziemlich ungeduldig! Aber ich glaube, das Wichtigste ist, dass man Freude an dem hat, was man tut, egal ob man es schnell oder langsam angeht.
Als jemand, der voll auf Geschwindigkeit steht, gibt Paul zu, dass Langsamkeit nicht gerade zu seinen Stärken zählt. Sein Camper-Abenteuer in Portugal bot ihm einen seltenen Einblick in ein Leben in gemäßigterem Tempo. Da er bereits mehrere Wintertrainingslager in Spanien absolviert hat, ist es ihm keineswegs fremd, herrliche Landschaften mit dem Radfahren zu vereinen. „Spanien ist unglaublich - das Wetter ist perfekt, die Straßen sind fantastisch, und die Menschen sind wirklich respektvoll“, sagt er. Die Erfahrungen dort stehen im krassen Gegensatz zu seinem rasanten Rennkalender und eröffnen ihm die Möglichkeit, die Umgebung zu genießen und den Radsport auf eine neue Art zu erleben.
Vanlife: Ein Tempowechsel
F: Das war dein erster Urlaub mit dem Wohnmobil, nicht wahr? Wie ist es gelaufen?
A: Ja, es war mein erstes Mal! Ich fand es toll, dass wir mit dem Camper ein Gefühl von Zuhause mitnehmen konnten, egal wo wir hinfuhren. Wir waren immer von Natur umgeben und mussten uns nicht beeilen, wieder irgendwo hin zurückzufahren. Und wir haben ein paar wunderschöne, abgelegene Klippen entdeckt, als wir zufällig irgendwelchen Straßen gefolgt sind.
Paul und seine Reisebegleitung verbrachten ihre Tage damit, Portugals Westküste zu erkunden, zu wandern, zu laufen und gelegentlich ins Meer einzutauchen. Sie haben sich sogar im Surfen versucht - eine spannende Abwechslung zu seinen gewohnten Aktivitäten an Land.
F: Hat das Vanlife deine Einstellung zum Reisen oder zur zukünftigen Verknüpfung von Vanlife und Radfahren verändert?
A: Auf jeden Fall. Ich denke, dass es perfekt ist, um sowohl die Reise als auch das Reiseziel zu genießen. Ohne Stress und inmitten der Natur zu sein, war das Beste daran. Was zukünftige Reisen angeht, so würde ich gerne beides miteinander verbinden, solange der Camper groß genug ist, um das Fahrrad unterzubringen. Das ist eine wunderbare Art, neue Orte zu entdecken, besonders hier in Portugal.
F: Hast du Tipps für andere Radsportler, die gerne in Portugal radfahren würden?
A: Bringt ein Schotterfahrrad mit! Die Westküste ist voller fantastischer Schotterstraßen mit Blick auf das Meer.
Pauls Reise hat bewiesen, dass Entschleunigung nicht gleichbedeutend mit Stillstand sein muss. Von Wanderungen bis hin zu versteckten Pfaden hat er sich auf das Vanlife eingelassen, ohne die Verbindung zu seinem aktiven Lebensstil zu verlieren, den er so liebt. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass ein Radprofi den Geschwindigkeitsrausch eines Rennens gegen die Beschaulichkeit von Sonnenuntergängen an der Küste eintauscht, und wenn er auch nicht oft rein zum Vergnügen Rad fährt, so ist sein Rat an angehende Radfahrer doch ganz simpel:
„Schnappt euch ein Fahrrad, geht raus in die Natur, lasst es entspannt angehen, und genießt das Erlebnis. Der einzige Weg, beim Radfahren erfolgreich zu sein, ist, sich in das Radfahren zu verlieben.”